Was ist Liebe?

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Was ist Liebe? Welchen Wert soll sie in unserem Miteinander spielen, welche gesellschaftlichen Bedingungen prägen sie? Wachst sie erst in einer Beziehung und festigt sich? Oder ist sie die zwingend notwendige Voraussetzung für den Entschluss, gemeinsam durch das Leben zu gehen? Aus all diesen Fragen entwickelte Schiller sein frühes Werk Kabale und Liebe.

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Gerne wird das Bürgerliche Trauerspiel dabei als das deutsche Romeo und Julia bezeichnet. Was nicht ganz passend ist, geht Schiller doch in der Schilderung der Liebestragödie weit über Shakespeare hinaus. Bei ihm wird die Liebe des jungen Paares Ferdinand und Luise nicht nur durch äußere Faktoren – eben die im Titel genannten Kabalen, also: Intrigen – auf die Probe gestellt. Vielmehr sind es auch die inneren Konflikte und Widerspruche dieser Beziehung, die eine gemeinsame Zukunft des Paares fast undenkbar erscheinen lassen. Denn auch wenn sich Luise und Ferdinand unsterblich lieben: Was Liebe für den einzelnen bedeutet, wie sich diese Liebe im Alltag zeigen soll – dazu haben beide doch höchst unterschiedliche Ansichten.

„In Ferdinands Brust schlagen zwei ambivalente Herzen:
das eines stürmischen, romantischen Liebenden – ganz im Sinne Romeos –,
und das eines innerlich verletzten Kindes. Und eben dieser Teil ist es,
der ihn am Tiefpunkt seiner Verzweiflung und im Verlust
aller Sinnhaftigkeit schließlich zum Äußersten treibt.“

Florian Granzner

Diese Differenziertheit hat den Schauspieler Florian Granzner, der mit dieser Saison neues Ensemblemitglied im Schauspiel ist und mit der Rolle des Ferdinand seinen Einstand am Tiroler Landestheater geben wird, schon überrascht. „Es gibt viele politische Themen im Stück, es geht um Korruption, um Klassengesellschaft, da werden Menschen verkauft, damit der Herrscher seine Lustschlosser bezahlen kann – so viele Themen, die dann doch alle in der Liebe munden“, schildert er seine ersten Eindrücke. „Am Anfang wollte ich mich irgendwie dagegen wehren, dass das Hauptthema in Kabale und Liebe die Liebe ist. Aber inzwischen kann ich mich damit anfreunden, dass es eben nicht nur die klassische Liebe mit zwei Menschen gibt, die sich respektieren – sondern dass Liebe so viel mehr Aspekte hat.“

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Besonders im Ferdinand entdeckte Florian Granzner überraschende Seiten: „Was ihn antreibt, ist sicher eine Form von Extremismus der Liebe gegenüber: Alles richtet sich bei ihm auf dieses Gefühl aus, die restliche Welt wird ausgeblendet. Irritierenderweise ist er taub für das, was Luise mochte – ihre Beweggründe wischt er beiseite. Es ist doch immer wieder erstaunlich“, bemerkt Granzner zum Schluss, „dass eine Beziehung, die auf etwas so Positivem wie Zuneigung und Respekt aufbaut, plötzlich zu etwas Giftigem wird, dass sogar Korruption und Intrigen durch Liebe ausgelost werden können, dass die Liebe so komplex sein kann – und manchmal auch tödlich.“

Fotos: Birgit Gufler


Kabale und Liebe

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