Einfach nur Wut im Bauch

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„Wutbürger“, „Hate-Speech“, „Fake News“ und die Macht des gezückten Smartphes: Woher kommt der Riss in unserer Gesellschaft? Und warum schient Demokratie keinen hohen Stellenwert mehr zu haben? Mit Furor feiert ein Schauspiel seine österreichische Erstaufführung im Tiroler Landestheater.

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Keine Lust auf falsche Versprechen

Die Geschichte von Furor beginnt zwar ungut, aber überschaubar. Heiko Braubach, ein Politiker, der kurz vor der Wahl zum Bürgermeister steht, sucht die Altenpflegerin Nele Siebold
auf. Er hat unverschuldet ihren 18-jährigen Sohn Enno angefahren. Der Bursche ist so schwer verletzt, dass er vermutlich dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen sein wird. Nele sieht schwarz für die Zukunft des Jungen ohne Ausbildung. Braubach möchte der Frau und Enno helfen, sein Angebot aber eher diskret behandelt wissen. Nele traut den Absichten des Politikers nicht, hat aber auch nicht wirklich eine andere Wahl. Sie will das Beste für ihren Sohn.

Kurz bevor die zwei sich einigen, stößt Neles Neffe Jerome zum Gespräch dazu. Der junge Paketauslieferer will unbedingt – nur zum Besten für Enno – mit Braubach unter vier Augen sprechen. Schnell zeigt er seinen offenen Hass auf die Politik, die er für sein persönliches Scheitern verantwortlich macht. Er konfrontiert Braubach mit diversen Vorwürfen. Dieser lässt das nicht auf sich sitzen und holt zum Gegenschlag aus. Beide werden in eine gefährliche Spirale aus Wut, Verunsicherung und Hass hineingezogen.

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Nah am Zeitgeschehen

Furor ist mit seiner Thematik nah am Zeitgeschehen. Das Stück bietet intime Einblicke in das Leben der drei Protagonisten. „Das Besondere ist sicher der private Raum, in dem die Figuren aufeinandertreffen“, erklärt Regisseurin Agnes Mair, „im Alltag befindet man sich in seiner jeweiligen Blase, in der man sich geschützt und sicher fühlt. In dieser privaten Umgebung muss man sich plötzlich auf andere Art und Weise miteinander auseinandersetzen. Menschen, die man normalerweise aus seinem Umfeld fernhält, sitzen plötzlich neben dir am Sofa, das kann ganz schön verunsichern.“ Obwohl viele politische Themen behandelt werden, ist Furor nicht in erster Linie ein politisches Stück.

„Alle sagen, sie handeln zum Wohl von Enno und das ist die Grundlage der Geschichte. Wie es sich weiterentwickelt, ist daher sehr überraschend“, sagt Mair. Phillip Henry Brehl, der Jerome verkörpert, sieht in dem Paketausfahrer eine frustrierte Person, die nach einer Rechtfertigung für ihr Scheitern sucht. „Jerome ist nicht dumm, hat aber in seinem Leben ein paar falsche Abzweigungen genommen. Nun sucht er dafür einen Schuldigen.“ Trotz der Wut, die im Stück hochkocht, entwickelt der Zuschauer Verständnis für die Figuren. „Es sind keine aus der Luft gegriffenen Probleme“, sagt Mair. Nur die Art und Weise, wie sie behandelt werden, sorgt für Beklemmung. Das Stück zeigt, wie tief Gräben auch im privaten Bereich sein können und dass es keine allgemeine Anleitung zum Umgang mit Hass in der Gesellschaft gibt.

Ines Burkhardt

Furor

Schauspiel von Lutz Hübner und Sarah Nemitz.

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