Tragisch und Hoffnungsvoll

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Lorca, der größte Dichter Granadas und meistgelesene spanische Schriftsteller aller Zeiten war ein Visionär mit liberaler Einstellung. Zu liberal für so manchen, denn das homosexuelle Genie erfuhr als Märtyrer für ein besseres Spanien einen gewaltsamen Tod.

Federico Garcia Lorca war seiner Zeit voraus – als überzeugter Demokrat, Aktivist und Feminist wurde der bekannteste und wohl wichtigste spanische Dichter des 20. Jahrhunderts im spanischen Bürgerkrieg ermordet. Seine Homosexualität war den Republikanern ein Dorn im Auge. „Er war homosexuell und Kommunist. Genau die falsche Kombination zu dieser Zeit. Gleichzeitig war es in Spanien aber auch die beste Zeit für Kunst“, weiß Ballettdirektor Enrique Gasa Valga.

„Neben seiner Homosexualität habe ich mich auf die
Gedichte konzentriert, die sehr gefühlsbetont sind.
Und ich habe es mir nicht nehmen lassen, die Gedichte selber für
den Abend einzusprechen, so dass sie als Einspielung zu hören sind.“

Enrique Gasa Valga

Lorca war beeinflusst vom berühmten Zentrum der Kultur „Residencia de Estudiantes“, welches nach liberalen und weltoffenen Grundsätzen geführt wurde. Hier traf er auch auf den jungen Katalanen Salvador Dalí und den angehenden Filmemacher Luis Buñuel. Lorca wurde bereits zu seinen Lebzeiten als großer Erneuerer der spanischen Literatur gefeiert, war Musiker, ein wichtiger Vertreter der Generación del 27 und hinterließ eine ganze Reihe an Gedichten, die Gasa Valga nun dazu nützt, ein Stück über das Leben Lorcas auf die Bühne zu bringen. „Neben seiner Homosexualität habe ich mich auf die Gedichte konzentriert, die sehr gefühlsbetont sind“, erzählt Gasa Valga, „und ich habe es mir nicht nehmen lassen, die Gedichte selber für den Abend einzusprechen, so dass sie als Einspielung zu hören sind.“

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Eine sichtbare deutsche Übersetzung macht Lorcas Lyrik auch dem deutschsprachigen Publikum verständlich. Und die Gedichte gilt es nun, tänzerisch zu übersetzen. Diese Aufgabe übernimmt der bereits mehrfach ausgezeichnete, aus Madrid stammende Josué Ullate. Ehe er die berühmte Ballettschule seines Vaters Victor Ullate absolvierte, wollte er eigentlich lieber Fußballer werden und fühlte sich so gar nicht wohl in den engen Hosen eines Balletttänzers.

Nach und nach fesselte ihn das Tanzen aber immer mehr. „Ich habe erst spät realisiert, dass es richtig für mich war, schließlich wollte ich mich lieber mit Freunden treffen, Partys feiern. Ballett ist sehr fordernd und lässt wenig Zeit für anderes, aber wenn ich dann auf der Bühne stand, wog das alles andere auf und das ist heute noch so“, erzählt Ullate: „Tanzen ist wie ein weiteres Familienmitglied, ich könnte mir mein Leben derzeit nicht ohne es vorstellen. Aber man muss auch an die Zukunft denken. Der Beruf des Tänzers ist per se nicht von Dauer, auch Verletzungen können diese Karriere schnell beenden. Ich könnte mir aber vorstellen, später in Richtung Choreografie zu gehen.“

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Im Hier und Jetzt ist es aber seine Aufgabe, zu den Gedichten Lorcas zu tanzen, und das sei nicht leicht, erklärt er: „Würde es ‚nur‘ um Musik gehen, könnte man sich viel besser einfühlen; hier aber muss ich mich sehr konzentrieren, spezielle Stellen in den Gedichten zu finden, die mich die Bewegung ausführen lassen.“

Ein Vorteil sei dabei, dass Ballettchef Gasa Valga jede Tänzerin, jeden Tänzer selbst einen Weg finden lässt, sich auszudrücken, sich hinein zu fühlen. Und das macht Ullate bei diesem Stück besonders gerne. „Ich bin glücklich, dass ich als Spanier Lorca tanzen darf. Für uns ist er ein Nationalheld.“ Einer, der von Bühnenbildner Helfried Lauckner auf eine zurückhaltende Bühne gebracht wird, denn Lorca spricht und wirkt für sich selbst: „Wie ein Blatt Papier, ein leerer Seelenraum, der beschrieben werden kann.“ Und schreiben kann Lorca. Das hat er oft bewiesen.

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Text: Patrizia Reppe-Pichler
Fotos: Birgit Gufler


Lorca

Tanzstück von Enrique Gasa Valga

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