Die kariösen Zustände einer gespaltenen Welt ziehen sich durch Der Goldene Drache. Mit Komik, aber ohne Happy End. Gehaltreich jedenfalls – für alle, die sich darauf einlassen.
Es ist keine leichte Kost, die das Publikum im Goldenen Drachen erwartet. Doch ist es allemal lohnend, sich auf das Stück Musiktheater einzulassen. Die mitunter metallisch-dissonanten Klänge bringen jene bitteren Geschmacksnuancen mit sich, nach denen die globalisierte Welt derzeit schmeckt. Peter Eötvös hat für das auf Roland Schimmelpfennigs Schauspiel basierende Musiktheaterstück tief in die Gewürzkiste gegriffen und so manch toxische Zutat erwischt.
Da ist zum einen der chinesische Junge, der als „Illegaler“ in einem Asia-Restaurant schuftet. Geplagt von Zahnweh, wird er – ob mangelnder Sozialversicherung – in der Küche „behandelt“. Mit schwerem Gerät wird ihm der Zahn gezogen. Kariöse Zustände herrschen im gesamten Haus, in dem das Restaurant untergebracht ist, und ziehen sich durch alle Ebenen, Schauplätze und Handlungsstränge. Und derer gibt es einige: Die zwei Stewardessen finden den verfaulten Zahn, der einsame Mann ist ein geiler Alter und das Paar erwartet ein Kind, das es gar nicht will. In die dichte Handlung surreal eingewoben werden Ameise und Grille, denen es um nichts bessergeht als den menschlichen Figuren.
„Jedes Ding hat drei Seiten.
Eine positive, eine negative
und eine komische.“
Thomas Gassner, Regisseur
Aufmerksam wird das Publikum sein müssen, denn die 18 am Stück beteiligten Figuren werden von nur fünf Sänger*innen verkörpert. Diese Vielschichtigkeit sorgt für eine dynamische Resonanz und ist durchaus immer wieder komisch. Thomas Gassner, Regisseur des Werkes, formuliert es mit Karl Valentin: „Jedes Ding hat drei Seiten. Eine positive, eine negative und eine komische.“ Auf ein Happy End wartet das Publikum zwar vergeblich, nicht aber auf jene Themen, nach denen die Welt derzeit so ekelhaft schmeckt. Illegale Zuwanderung, Zwangsprostitution, Alltagsrassismus – ein Kaleidoskop an menschlichen Schwächen ist Thema. Große und kleine Katastrophen, skurrile Szenen zum Lachen und Tragödien, angesichts derer das Lachen im Hals stecken bleibt, wechseln einander ab. Ein lohnender Theaterabend.
Text: Gabriela Stockklauser
Fotos: Birgit Gufler
Der goldene Drache
Musiktheater von Peter Eötvös .
Libretto von Roland Schimmelpfennig
nach seinem gleichnamigen Theaterstück,
eingerichtet von Peter Eötvös