Elf erfolgreiche Jahre

   Blogbeitrag

Mit Ende der Saison 2022.23 verlassen Intendant Johannes Reitmeier und sein Team das Tiroler Landestheater. Schauspieldirektorin und Chefdramaturgin Christina Alexandridis, die seit 1999 kontinuierlich mit ihm zusammenarbeitet, hat ihm einen Brief geschrieben.

Lieber Johannes,
keine Angst, dies ist kein Abschiedsbrief! Nach so vielen Jahren, die wir beruflich eng verbunden sind, freue ich mich auf einen neuen Abschnitt unserer privaten Freundschaft. Aber ich möchte gerne die Zeit am Tiroler Landestheater Revue passieren lassen, denn dazu kommt man im durchaus immer wieder turbulenten Theateralltag viel zu selten.

Seit September 2012 leitest du das Tiroler Landestheater und Symphonieorchester Innsbruck als Geschäftsführender Intendant. Das sind elf Jahre voller künstlerischer Höhepunkte und beglückender Begegnungen, aber ebenso herausfordernder Situationen. So war der frühe Tod deines langjährigen künstlerischen Weggefährten Roger E. Boggasch im Mai 2015, der mit dir als Operndirektor ans Landestheater kam, eine schwere Erschütterung. Und zuletzt hat die Corona-Pandemie mit all ihren Auswirkungen sämtliche Kräfte gefordert. Geholfen hat in diesen Stunden und Phasen das vertrauensvolle Miteinander und die künstlerische Arbeit.

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Anna Karenina

Mehrfach wurden unter deiner Intendanz Musiktheater- und Tanzproduktionen mit dem Österreichischen Musiktheaterpreis ausgezeichnet. Die Tanzcompany gastierte in Spanien und Südkorea. Mit dem Nestroy für Anna Karenina ging 2015 einer der bedeutendsten Theaterpreise im deutschsprachigen Raum erstmals nach Tirol, jüngst wurde die Schauspielsparte mit der Produktion Gondelgschichten zum Radikal jung Festival ans Münchner Volkstheater eingeladen.

Die von dir ins Leben gerufene Reihe „Opera Austria“ stellte dem Publikum explizit selten oder noch nie gespielte Werke des Musiktheaters vor, die – sei es durch Komponist*innen oder Librettist*innen oder aufgrund ihrer literarischen oder thematischen Vorlage – in Österreich verortet sind. Ausgrabungen sowie Innsbrucker Erst- und Uraufführungen spielten dabei eine wichtige Rolle. Besondere Bedeutung hast du dem Tiroler Musikleben beigemessen. So erfolgte etwa 2013.14 in deiner Regie die spektakuläre Wiederentdeckung der Großen Romantischen Oper Mara des Tiroler Komponisten Josef Netzer, deren autographe Partitur sich in der Musiksammlung des Ferdinandeums befindet.

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Mara

Der Kinder- und Jugendtheaterbereich sowie die Vermittlungsarbeit wurde in diesen elf Jahren kontinuierlich ausgebaut und erstmals eine Theaterpädagogik am TLT etabliert. Zwei Mal ging seit 2012 der renommierte STELLA-Darstellender.Kunst.Preis für junges Publikum für herausragende Leistungen nach Tirol.

Als Regisseur hast du dem Innsbrucker Kulturleben zahlreiche Höhepunkte beschert: Zur Eröffnung deiner Intendanz gelang dir mit Alfredo Catalanis La Wally ein perfekter Einstand, der auch im Fernsehprogramm des ORF präsentiert wurde. Deine Inszenierung der Österreichischen Erstaufführung von Johanna Doderers Oper Liliom wurde mit dem Österreichischen Musiktheaterpreis 2020 in den Kategorien Beste Regie sowie Beste Ausstattung (Thomas Dörfler und Michael D. Zimmermann) ausgezeichnet.

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Liliom

Zum Maximilian-Jahr brachtest du die Uraufführung des Musicals Die Schattenkaiserin auf die Bühne. In jüngerer Vergangenheit hast du die Österreichische Erstaufführung des Musicals American Idiot nach Innsbruck geholt und eine bezwingende Interpretation von Carl Maria von Webers Der Freischütz vorgelegt, die in der Spielzeit 2023.24 am Opernhaus von Taipeh in Taiwan zu sehen sein wird. Deine stringente und packende Inszenierung von Mieczysław Weinbergs Die Passagierin wird voraussichtlich in der Spielzeit 2024.25 an der Opéra National du Capitole de Toulouse ein weiteres Mal Premiere feiern – das freut mich ganz besonders.

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Die Passagierin

In deine Ära fiel auch der Neubau und die erfolgreiche Inbetriebnahme des Hauses der Musik Innsbruck, das unter anderem dem Tiroler Symphonieorchester nach langen Jahren endlich adäquate Proben- und Aufenthaltsräume sowie einen akustisch und ästhetisch herausragenden Kammermusiksaal bescherte. Nicht zuletzt hast du als versierter und humorvoller Moderator zahlreicher Veranstaltungen die Herzen des Tiroler Publikums gewonnen.

Nach elf Spielzeiten beendest du auf eigenen Wunsch deine Intendanz. Mit dir verlassen nicht nur ich, sondern auch der Operndirektor Michael Nelle, der Direktor der Tanzcompany Enrique Gasa Valga, der Ausstattungsleiter Helfried Lauckner, die beiden Chefdirigenten Kerem Hasan und Lukas Beikricher sowie viele weitere Künstler*innen aller Sparten das Haus am Rennweg. Das macht den Abschied einerseits schwerer, aber auch leichter, denn man geht eben nicht alleine.

Wenn du mich fragen würdest, was ich einmal meinen Enkel*innen erzählen möchte, würde ich antworten: Ich hatte beruflich das größtmögliche Glück, denn ich durfte ein Vierteljahrhundert lang meinen Traumberuf mit dir als Chef ausüben. 

Von Christina Alexandridis

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Johannes Reitmeier

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