Poetisch, verklärt, schön. Flaubert hat sich nüchtern mit der Seele der Frau auseinandergesetzt und so wurde Madame Bovary „geboren“. Auf der Suche nach Romantik fand die junge Frau allerdings ihren Untergang.
Was in der Normandie des 19. Jahrhunderts als Skandal bezeichnet wurde und mit der Anklage Flauberts seinen Höhepunkt fand, hat auch im Heute noch Diskussionsbedarf: die Sexualität der Frau und ihre selbstbewusste Eigenständigkeit. Nicht nur aus diesem Grund bringt Ballettdirektor Enrique Gasa Valga wieder eine Frauenfigur auf die Bühne. „Mich fasziniert, dass Emma Rouault sich nicht an Konventionen hält, ihre Leidenschaften auslebt, sich aber zugegebenermaßen auch selbst inszeniert – selbst ihren Tod.“
Suche und Hoffnung
Dabei handelt es sich um die Geschichte der jungen Emma Rouault, die sich durch die Heirat mit einem wesentlich älteren Arzt gesellschaftlichen Aufstieg und damit ein aufregenderes Leben erhofft. Diese Hoffnung wird aber jäh zerstört. Emma langweilt sich, ist unglücklich und stürzt sich monetär in immer größere Schulden, um ihrer Sucht nach Luxus, Glanz und Gloria frönen zu können.
„Es ist wahnsinnig fortschrittlich, dass
Gustave Flaubert diese Frau nicht verurteilt,
sondern nüchtern und bedacht ihre Geschichte erzählt.“
Enrique Gasa Valga, Balletdirektor
Frustration und Enttäuschung
Und sie stürzt sich in Affären, um ihre Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit ausleben zu können. „Es ist interessant, wie eine Frau versucht, die Liebe beziehungsweise diese Romanzen zu leben. Wir haben alle einen Drang, etwas Inspirierendes zu erleben, aus dem Alltag auszubrechen. Man möchte meistens in einem Abenteuer leben. Die Frustration am Ende ist, dass auch das schönste Erlebnis einmal vorbei ist.“ Madame Bovary ist eine Suchende, sie möchte das Abenteuer immer wieder erleben. Und am Ende weiß man: Es gibt viele unterschiedliche Madame Bovarys.
Von Patrizia Reppe-Pichler
MADAME BOVARY
Tanzstück von Enrique Gasa Valga
nach dem gleichnamigen Roman von Gustave Flaubert