Liebe in schnelllebigen Zeiten

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Gefährliche Liebschaften

Es ist eine teuflische Wette, die der Philosoph Don Alfonso seinen beiden Freunden in Così fan tutte vorschlägt: Die wahre Liebe gibt es nicht – jeder kann verführt werden. Überzeugt von der Treue ihrer Verlobten Dorabella und Fiordiligi wetten die beiden Offiziere Ferrando und Guglielmo siegessicher gegen den Philosophen.

Don Alfonso ist ein zynischer Exzentriker und will die jungen Offiziere von seiner bösartigen Weltanschauung überzeugen. Er erzählt den beiden Frauen, ihre Männer müssten in den Krieg ziehen – diese verabschieden sich, kehren aber wenig später in Verkleidung zu ihren Verlobten zurück und versuchen, sie zu verführen.

Doch die Konstellationen sind verkehrt, und als die Frauen sich zunächst zurückhaltend und treu zeigen, glauben Ferrando und Guglielmo, die Wette gegen Don Alfonso gewonnen zu haben. Dieser holt jedoch die Zofe Despina ins Boot und mit geschickt eingefädelten Manipulationen schaffen es die beiden, zuerst Dorabella und schließlich auch Fiordiligi zur Doppelhochzeit mit den verkleideten Offizieren zu bewegen.

Da kehren plötzlich die echten Soldaten heim und sind empört über die Untreue ihrer Verlobten. Die Verwirrung ist groß, außer bei einem: „Così fan tutte – So machen es alle Frauen!“, feiert Don Alfonso seinen Wettsieg.

video - Titelbild

Regisseurin Anette Leistenschneider bringt die Oper von Mozart, die eigentlich im Neapel des 18. Jahrhunderts spielt, am Tiroler Landestheater neu interpretiert auf die Bühne: In einer postmodernen Villa im Bauhausstil treffen sich zwei schicke Paare zum abenteuerlichen Spiel, sie sind oberflächlich, egozentrisch, geradezu besessen von Social Media, der neuen Schule der Liebenden.

„Così fan tutte ist eine moderne Geschichte,
die in jede Zeit verlegt werden kann. Bei uns werden
Bühnenbild und Kostüme entsprechend aktuell interpretiert.
Die Modernität spiegelt sich aber auch vor allem in
der Emanzipation der weiblichen Figuren wider.“

Anette Leistenschneider, Regisseurin

Die Modernität der Inszenierung spiegelt sich auch in der Charakteristik der weiblichen Figuren wider. Despina, zum Beispiel, die sich auf der Bühne in Amor, Arzt und Notar verwandelt, ist weitaus mehr als nur eine Zofe – sie ist die rechte Hand Don Alfonsos und verhilft ihm so zum Wettsieg. Ebenso emanzipiert sind die beiden Schwestern Dorabella und Fiordiligi: Sie werden als selbstbestimmte Verführerinnen aktiv.

Nah an der Realität zeigt Così fan tutte die schnelllebige Liebe zweier Paare, die zwischenzeitlich erkaltet und wieder neu entfacht wird. Ein psychologisches Menschenexperiment, in dem der Strippenzieher Don Alfonso nicht nur sich selbst beweisen will, dass niemand richtiger Verführung standhalten kann.

video - Titelbild

Ernsthafte Scherze

Die anfängliche Oberflächlichkeit der Paare wandelt sich mit dem Beziehungswechsel um in tiefgründigere Gespräche und Verhältnisse. Obwohl nur sechs Figuren auf der Bühne stehen, werden durch die zahlreichen Verkleidungen viele neue Charaktere und Identitäten erschaffen, die für brisante Konstellationen sorgen.

„Das Stück ist oft sehr tief und ernsthaft,
voller Gefühle, wartet aber immer wieder auch
mit Spielereien und Scherzen auf.“

Anette Leistenschneider, Regisseurin

Jeder Aspekt der Liebesbeziehung der beiden Paare wird radikal infrage gestellt und erst durch den Partnertausch lassen die Figuren ab von ihren oberflächlichen Gewohnheiten, lernen sich nochmals neu kennen. Am Ende stellt sich ihnen die Frage: Kommen so möglicherweise die wahren Konstellationen der Herzensverbindungen ans Licht? Wer gehört jetzt eigentlich zu wem?

Così fan tutte stellt nicht nur die Liebesbeziehung und Treue der Schwestern Dorabella und Fiordiligi infrage, sondern auch die diabolische Weltanschauung Don Alfonsos, die Identität der verkleideten Despina und der Offiziere Ferrando und Guglielmo, sowie die absolute Austauschbarkeit des Partners und die Unvergänglichkeit der Liebe.


Cosí fan tutte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart.
Libretto von Lorenzo Da Ponte.
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

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