Die Entstehung der Zauberflöte

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Mozarts Aufgabe: Erstmals präsentiert sich Gregor Bloéb in seiner Heimat als Opernregisseur. Auf jeden Fall wurde ihm damit ein Herzenswunsch erfüllt. Aber es ist und bleibt eine Herausforderung.

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Es ist Freitag, der 24. September 2021, 10.00 Uhr. Alle, die für diesen, nunmehr neunten Probentag bestellt sind, trudeln nacheinander auf der Probebühne 1 ein. Alle gut gelaunt, aber das verwundert nicht, ist doch jede und jeder Einzelne froh darüber, wieder proben zu dürfen, Bühnenluft zu schnuppern. Die Zauberflöte gilt als meistgespielte Oper im deutschsprachigen Raum, ist aber deshalb nicht weniger leicht zu inszenieren.

Regisseur Henry Mason, der das Kunstwerk 2020 auf die Bühne der Volksoper Wien gebracht hat, meinte: „Man kann an der Zauberflöte nur scheitern.“ Und das ist ob ihrer Heterogenität sicher wahr. Daher ist das komplexe Opus immer wieder eine Herausforderung. Eine, der sich jetzt Gregor Bloéb als Regisseur stellt. Und zwar erstmalig. Mit viel Elan und Herzblut, wie ich noch erfahren sollte.

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Engagiert, mit viel Freude

Als Schauspieler war er an zahlreichen renommierten Theatern im In- und Ausland engagiert und hatte unter anderem eine Intendanz (Theatersommer Haag) inne. In meinem Kopf ist er aber auch als Darsteller in Filmen verankert. Vor allem in seiner legendären Rolle als Stefan Wechselberger in der Piefke-Saga von Felix Mitterer. Auch „Muttis Liebling“ kommt mir in den Sinn, als er die Probebühne betritt. Gut gelaunt, ausgeschlafen, pfiffig, positiv. Bereit, sich den Proben zu widmen.

Alles ist bestens koordiniert. Lukas Thurnwalder, Regieassistent, und Valerie Kuzinski, Regiehospitanz, sind als Erste bereit. Studienleiter John Groos hat seine Position am Klavier eingenommen, die Funktion der Musikalischen Assistenz bekleidet Stefan Politzka. Erika Gostner ist als Souffleuse für die korrekte Wiedergabe der Texte verantwortlich.

Fotografin Andrea Leichtfried hält sich genauso im Hintergrund wie Dramaturgin Susanne Bieler und ich. An diesem Tag wird der Fokus auf eine Szene zwischen der Königin der Nacht, in der Person von Sophia Theodorides, und deren Tochter Pamina, welche Susanne Langbein verkörpert, gelegt. Aber auch die Szene zwischen Monostatos, Sascha Zarrabi, und Pamina wird noch verstärkt geprobt werden.

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Zwischen Ernst und Humor

Und dann geht es los, volle Konzentration auf die Texte, deren Interpretation und die Auseinandersetzung damit. Wie wird die Rolle verstanden, gespielt, vermittelt? Welche Mimik, welche Gestik bringt die Interaktion zwischen den Sänger*innen derart klar zum Ausdruck, damit es auch vom Publikum so aufgenommen wird, wie es von der Regie gewollt ist?

Es fällt auf, dass Bloéb als Regisseur klare Vorstellungen hat, seinen Sänger*innen aber auch den Raum gibt, eigene Vorschläge und Szenen-Interpretationen einzubringen. Mit einer ausgewogenen Mischung von Ernsthaftigkeit und Humor führt er in einer Art Regie, die immer wieder neue Ideen zulässt. Man merkt den einzelnen Protagonist*innen an, dass sie viel Freude bei der Erarbeitung dieses schwierigen Stücks haben.

Immer wieder wird zwischendurch auch mit den anwesenden Bühnen- und Kostümbildner*innen Laura Malmberg und Paul Sturminger über den Einsatz des Kleides der Königin der Nacht oder der Requisiten gesprochen, gemeinsame Gedanken erörtert. Nur so viel: Der Auftritt der Königin der Nacht wird phänomenal sein – oder wie Gregor Bloéb es ausdrückt: „Hammermäßig! Du wirst aussehen wie sieben Götter!“ Denn in der eindrucksvollen Ausstattung stehen die Kostüme repräsentativ für die einzelnen Charaktere

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Wie ein Bühnenwerk entsteht

Es wirkt wie ein gemütliches Zusammensitzen, erfordert von den anwesenden Sänger*innen aber höchste Konzentration. Für mich, eine absolute Liebhaberin des Theaters mit all seinen Facetten, ein Glück und immer interessant. Die Erarbeitung der Texte umfasst auch eine Überarbeitung, welche dann am Ende dazu führt, dass sich die Darsteller*innen neuen Text merken müssen. Auch die persönlichen Beziehungen der Charaktere untereinander werden exakt erörtert, die Tonlage darauf eingestellt. Es ist schön, zuzusehen, wie das Stück wächst, die Sänger*innen sich in ihren Figuren immer mehr finden und mit ihnen verschmelzen. Für Bloéb ist vor allem wichtig, „dass mit der Sprache so umgegangen wird, dass diese verständlich und klar wird“. Schließlich enthalte der Text viel Info. Natürlich handle es sich um ein Märchen – oder vielmehr um eine „Überhöhung des Märchens“ –, aber dennoch sollen sich die Darsteller*innen in die Situationen hineinversetzen, um den Charakteren eine tiefere Dimension zu verleihen.

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Und so werden in weiterer Folge Szenen, wie etwas zwischen Susanne Langbein (Pamina) und Sascha Zarrabi (Monostatos), immer und immer wieder geprobt, um eben diese neue Dimension zu erreichen. Für mich ist es spannend, wie unterschiedlich und intensiv Szenen gestaltet werden bzw. die Figuren interpretiert werden können. An diesem Probentag waren auch die Darsteller des Sarastro anwesend. Auch sie gaben ihrer Rolle ihre jeweils ureigene, persönliche Färbung.

„Singen tun sie eh alle so wahnsinnig
schön. Meine Aufgabe ist nur,
dass sie auch noch leuchten.“

Gregor Bloéb, Regisseur

Gänsehautmoment mit Theodorides

Apropos Färbung: Das betrifft ja auch die Stimme. Die Rachearie der Königin der Nacht war natürlich Thema und so poppte auch das Instrument Stimme als Diskussionsgegenstand auf. Gregor Bloéb interessierte sich dafür, ob es theoretisch möglich wäre, die schwierige Rachearie mehrmals hintereinander zu singen. Sophia Theodorides gab dazu überraschende Einblicke, als sie sagte, dass bei einer mehrmaligen Wiederholung dieser Arie nicht unbedingt die Stimme allein das Problem wäre, sondern die körperliche Kraftanstrengung, die es speziell für diese Arie benötigt. Diese sei, ähnlich wie bei einem Sprint, so hoch, dass bei einer mehrfachen Wiederholung ohne Pause dazwischen irgendwann der Körper müde werden würde und dann könne die Stimme nicht mehr richtig gestützt werden. Das hätte Mozart auch gewusst, die Arie wäre nicht umsonst nur drei Minuten lang. Ein Fakt, den ich mir so noch nie überlegt hatte.

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Umso schöner, dass ich an diesem Tag noch Zeugin werden durfte, wie Sophia Theodorides die Arie so perfekt hinausschmetterte, dass sie bei mir absolutes Gänsehaut-Gefühl erzeugte. Überhaupt war dieser Blick hinter die Kulissen ein wundervoller, da hier jede und jeder, aber auch wirklich jede und jeder, intensiv mit dieser Produktion mitlebt. Gregor Bloéb hat auf mich einen engagierten, inspirierenden Eindruck gemacht und ich hoffe, Die Zauberflöte wird genauso beim Publikum ankommen.

Text: Patrizia Reppe-Pichler
Fotos: Andrea Leichtfried


Die Zauberflöte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart.
Text von Emanuel Schikaneder.

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