Eine Familie - Gemeinsam gefangen

   Blogbeitrag

Diese Familie ist vor allem eins: gnadenlos. In Tracy Letts fesselnder und provokativer Tragikomödie treffen scharfe, humorvolle Dialoge auf tiefe Emotionen und seelische Not. Und das alles für die – vermeintliche – Wahrheit.

Vorab: Die Handlung dreht sich um die Familie Weston, die nach dem spurlosen Verschwinden des Familienoberhaupts Beverly zusammenkommt, um sich um die tablettenabhängige
und krebskranke Violet zu kümmern, die er auf ihrem gemeinsamen Anwesen in Oklahoma zurückgelassen hat. Doch Violet ist kein hilfloses Prinzesschen, sondern schießt gegen alles und jeden.

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In diesem Spannungsfeld der Konflikte werden dunkle Geheimnisse und ungesagte Wahrheiten offenbart, die die einzelnen Familienmitglieder zutiefst erschüttern. Für den großen Erfolg des Stückes macht Regisseur Stefan Maurer die Allgemeingültigkeit der Thematik verantwortlich: „Es gibt tausende Stücke zu diesem Thema. Das hier ist aber eben ein sehr gutes.“

 

„Die Familie ist die Urzelle
der Gesellschaft und jeder
hat etwas dazu zu sagen.“

Stefan Maurer, Regisseur

Die Sprache in Eine Familie ist präzise und kraftvoll. Die Dialoge sind scharf und humorvoll, während gleichzeitig tiefe Emotionen und Schmerzen zum Ausdruck gebracht werden. Das Stück thematisiert, wie psychische Krankheiten, Sucht und emotionaler Missbrauch sich auf Familien auswirken können – auf eine Weise, die sowohl eindringlich als auch realistisch ist.

„Der Autor hat sich da wohl etwas von der Seele geschrieben, beziehungsweise hatte es biografisch etwas mit ihm zu tun – denn er wusste sehr präzise, was er da thematisiert und was es mit ihm macht. Das ist auch jener Teil, der dennoch komisch ist“, meint Maurer. Während der Proben macht der Regisseur es sich und seinem Ensemble zur Aufgabe, die schonungslose Ehrlichkeit von Autor Tracy Letts in den Vordergrund zu rücken. Maurer möchte berühren, einen Gefühlsraum herstellen und diesen erkunden.

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Das macht er unter anderem auch mit Bühnen- und Kostümbildner Luis Graninger, mit dem er bereits elf Mal zusammengearbeitet hat. „Es gibt einen Strom, in den man zusammen reinspringt – aber bis wir hineinspringen, hat das schon sehr viel mit Kommunikation zu tun“, sagt Graninger. Gerade seine Tiroler Herkunft und Stefan Maurers Frankfurter Wurzeln seien eine sehr spannende Mischung. Dadurch habe sich ein eigener Arbeitsstil entwickelt, der aber jedes Mal an das Sujet angeglichen werde. Für ein Alltagskostümstück wie dieses würde er auch schon mal einkaufen gehen, statt neu schneidern zu lassen.

Eine Familie wurde erstmals im Jahr 2007 am Steppenwolf Theatre in Chicago uraufgeführt und gewann sogleich den Pulitzer-Preis in der Kategorie Drama im Jahr 2008. Das Stück hat die Aufmerksamkeit von Kritikern und Publikum gleichermaßen auf sich gezogen und gilt als eines der besten Beispiele moderner amerikanischer Theaterkunst.

Von Patrizia Reppe-Pichler


EINE FAMILIE

Schauspiel von Tracy Letts

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