„Du lebst nicht, wenn du nicht weißt, dass du lebst“

   Blogbeitrag

Der Italiener Amedeo Modigliani gilt als einer der bedeutendsten Künstler der Moderne. Sein kurzes, rauschhaftes Leben hat Lara Brandi zu ihrem Erstlingswerk in Sachen Regie und Choreografie inspiriert.

Es ist das erste Mal, dass du als Regisseurin und Choreografin einen Tanzabend auf die Bühne bringst. Was sind deine Erwartungen?
Lara Brandi:
Das größte Gefühl, das ich im Moment in mir verspüre, ist Dankbarkeit. Dankbarkeit für eine riesige und fantastische Chance, die ich an diesem wichtigen Wendepunkt meines Lebens – 30 Jahre alt zu werden und gleichzeitig zehn schöne Jahre als Tänzerin am Tiroler Landestheater zu beenden – bekommen habe. Meine einzige Erwartung ist also, ein großes und reines Teilen von Liebe, Leidenschaft und Freude für etwas, von dem ich glaube, dass es jeder einzelne Mensch in jeder historischen Epoche gebraucht hat, braucht und brauchen wird: Theater.

Welches Stück aus der Vergangenheit hat dich am meisten beeinflusst bei der Regie von Maledetto Modigliani?
Alle Ballette, die ich in meiner Karriere tanzen durfte, haben mir geholfen! Jedes von ihnen hat mir etwas beigebracht. Vor allem aber war die Möglichkeit, das Vertrauen und der Respekt, den mir der Direktor der Tanzcompany, Enrique Gasa Valga, in all den Jahren hier entgegengebracht hat, ausschlaggebend. Einfach zu schauen, alles aufzunehmen, zu lernen und manchmal (ein bisschen!) am künstlerischen und dramaturgischen Prozess teilhaben zu dürfen. Mein größter Dank gilt natürlich ihm.

Hast du Choreografen zum Vorbild?
Ich hatte Glück: Enrique fand es sehr wichtig, seine Tänzer*innen auch mit anderen Choreografen arbeiten zu lassen, von denen wir lernen und wachsen konnten. Und das Programm der vergangenen Spielzeiten hier hat mir Gelegenheit gegeben, mich mit einigen der größten choreografischen Genies aller Zeiten auseinanderzusetzen: Jiří Kylián an erster Stelle, aber auch Nacho Duato, Mauro Bigonzetti, Ohad Naharin. Ein Choreograf, von dem ich bedauere, noch nicht nach seinen Choreografien getanzt zu haben, aber von dem ich viel Inspiration bekommen habe, ist der Kanadier Crystal Pite. Ich verehre seine Werke buchstäblich.

 

video - Titelbild

Warum hast du dich für Modigliani entschieden?
Amedeo Modiglianis Leben und künstlerisches Schaffen fasziniert mich seit meiner Schulzeit. Ich finde seine Leidenschaft für Kunst, Poesie, Schönheit, Frauen, Liebe – aber ich könnte auch einfach seine Leidenschaft für das Leben sagen! – so inspirierend. „Du lebst nicht, wenn du nicht weißt, dass du lebst“ – das ist ein Zitat von ihm, das genau sagt, warum ich Modìgliani liebe. Und ein weiterer Grund, warum ich mich entschieden habe, ein Ballett über ihn zu machen, ist, dass ich immer das Gefühl hatte, die Geschichte eines anderen Künstlers zum Leben erwecken zu wollen, eine andere Kunst auf der  Bühne durch „meine“ Kunst, also durch Tanz darstellen zu wollen. Das sind meine schönen und inspirierenden Herausforderungen!

„Du lebst nicht,
wenn du nicht weißt,
dass du lebst.“

Amedeo Modigliani

Und warum hast du den Titel Maledetto – verfluchter – Modigliani gewählt?
Modì (Modiglianis Spitzname in Paris, der die gleiche Aussprache wie das französische Adjektiv „maudit“ hat, was genau verflucht bedeutet), verkörpert einfach perfekt, was ein wahrer großer Künstler ist: eine Seele, die keinen Frieden finden kann. Deshalb der Beiname „Maledetto“, ein verdammter, gewaltiger Geist, der immer mehr braucht, immer stärker fühlen muss. Oder er stirbt.

Denkst du, es gibt Parallelen zwischen der Kunst Modiglianis und der Kunst zu tanzen?
Ich würde sagen, dass sich sicherlich noch mehr Kunstformen verbinden, vermischen und etwas Leben einhauchen können. Etwas Schönes, vielleicht Anderes, sicher Reichhaltigeres, vielleicht Interessanteres könnte entstehen. Und auf jeden Fall ist die Malkunst, genau wie die Tanzkunst, eine Ausdrucksform, eine Äußerung einer menschlichen Seele, die versucht, die Seelen anderer Menschen zu bewegen. Das ist alles, worum es geht, das ist Kunst.

Interview von Patrizia Reppe-Pichler

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Maledetto Modigliani

Tanzstück von Lara Brandi.
Libretto von Lara Brandi
und Enrique Gasa Valga.

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