Eine Frau mit Vergangenheit

19.11.2025 / blog
Brigitte Jaufenthaler (Zarah Leander) © Cordula Treml Brigitte Jaufenthaler (Zarah Leander)

Mit dem musikalischen Monolog von Peter Lund über Zarah Leander kommen Brigitte Jaufenthaler und Christian Wegscheider ans Tiroler Landestheater.

«Zarah 47 – Das totale Lied» handelt von der großen Diva Zarah Leander, die allein auf ihrem Gut Lönö ihren 40. Geburtstag verbringt. Während sie auf Anrufe und Glückwünsche wartet, blickt sie auf ihre vergangenen Karrierejahre in Nazideutschland zurück. Liebe Brigitte, was findest du an der Rolle der Zarah herausfordernd?

Brigitte Jaufenthaler Schon beim Einstudieren der Lieder wird klar, dass «die Leander» eine großartige Sängerin und Interpretin war. Was da beim Anhören so leicht daherkommt, ist dem Können der Künstlerin geschuldet. Herausfordernd ist, die Persönlichkeit dieser Frau mit dem unbedingten Willen, Karriere zu machen, Schicht für Schicht aufzudecken – vor allem im Hinblick auf die Zeit, in der sie sich entschieden hat, nach Nazideutschland zu gehen. Solche Entscheidungen sind es, vor die wir als Menschen und Künstler:innen in politisch schwierigen Zeiten gestellt werden – wie viel wissen wir und WOLLEN wir wissen? Zarah Leander sagt im Stück: «Entweder man ist politisch oder man ist professionell.» Es bleibt die Frage, wie man sein Handeln ethisch vertreten kann – und die stellt sich momentan jeden Tag neu.

Lieber Christian, du bist den ganzen Abend live mit auf der Bühne und trägst am Flügel und als Musikalischer Leiter durch die großen Hits von Zarah Leanders Karriere. Eine Vielzahl an Komponisten haben für sie geschrieben, darunter Lothar Brühne, Ralph Benatzky und Michael Jary. Wie hast du dich dieser Musik angenähert, was findest du daran heute spannend?

Christian Wegscheider Es gibt hier verschiedene Betrachtungsebenen: 1. Die rein musikalische: Die Lieder sind gut komponiert und von musiktheoretischer Seite zeitlos. Über einige Songtexte lässt sich gewiss streiten – diese muss man klarerweise im Kontext der Zeit sehen. Wie in dem Genre üblich, sind die Songs ein Grundgerüst, von welchem man seine eigene Interpretation entwickelt. Hier trifft sich die Musik mit der Musizierhaltung des Jazz – und damit meiner ganz persönlichen. 2. Die Songs können nicht losgelöst vom Stück gesehen werden. Sie lassen uns viele Freiheiten, welche man davon nutzt, bzw. in welche musikalische Richtung man sich bewegt, hängt von der szenischen Situation ab. 3. Die Musik kann ich nicht losgelöst von unserer Zeit sehen. Die gesellschaftlichen und politischen Parallelen machen es notwendig, der Musik einen Zeitgeist zu verleihen. Von einer historischen bis zu einer zeitgemäßen Interpretation wird alles dabei sein.

Was wünscht ihr euch, dass das Publikum von diesem Abend mitnimmt – was macht ihn für euch einzigartig?

Brigitte Was eine Sache einzigartig macht, sind die Menschen, die ihre Ideen, ihr Können, ihre Freude und Begeisterung teilen – in diesem Fall wir mit unserem Publikum. Zusammen mit all den vielen anderen, die mitarbeiten, werfen wir einen persönlichen, individuellen, aus unseren Visionen geborenen Blick auf Zarah Leander. Um es mit einem etwas abgewandelten Zitat aus dem Stück zu sagen: «Wir sind, was wir euch zeigen, und wir fühlen, was wir spielen.» Was das Publikum mitnimmt, ist ein Stück von uns allen.

Christian Wenn das Publikum die Zeit vergisst, haben wir es geschafft.

 

TEXT Sonja Honold
BILD Cordula Treml