Im Zeichen des Lichts

22.12.2025 / blog
Kristīne Balanas © Aiga Vitola Kristīne Balanas

Im 3. Symphoniekonzert Fernes Licht spannt das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck einen Bogen von Staud bis Beethoven.

Demokratische Orchestermusik

Der neue Chefdirigent des TSOI, Ainārs Rubiķis, richtet ergänzend zur TLT-Oper missing in cantu in zwei Symphoniekonzerten einen besonderen Fokus auf einen der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart: den Tiroler Johannes Maria Staud. Dessen Werk Scattered Light wurde gemeinsam vom Festival Wien Modern, dem Konzerthaus Berlin und dem TSOI in Auftrag gegeben und erklingt nach den Aufführungen in Wien und Berlin nun erstmals in Innsbruck.

Scattered Light wurde im Oktober 2018 im Wiener Konzerthaus uraufgeführt und entstand aus dem Wunsch, ein Werk ohne Dirigat und ohne hohe Bläser sowie tiefe Streicher zu schreiben. Der pulsierende Klangkern aus Klavier und Schlagzeug bildet das Fundament für eine Struktur, in der bewusst zugelassene rhythmische Unschärfen ein irisierendes «Streulicht» entstehen lassen. Staud versteht das Stück als musikalisches Plädoyer für ein gemeinsames Atmen und Hören – «ein demokratisches Stück Orchestermusik, bei dem das Miteinander – und nicht das Gegeneinander, das Ausgrenzen, das Wir gegen den Rest der Welt – im Zentrum steht.»

Klänge aus Lettland

Außerdem bringt der aus Lettland stammende Rubiķis ein Violinkonzert seines Landsmannes Pēteris Vasks mit, der 2026 seinen 80. Geburtstag feiert. Vasks wurde 1946 im lettischen Aizpute geboren und zählt zu den prägendsten Komponisten des Baltikums. Er verbindet folkloristische Wurzeln mit einer modernen Tonsprache, die von einer spirituellen Haltung geprägt ist. «Ich will der Seele Nahrung geben. Das predige ich in meinen Werken», betont Vasks. Distant Light, im Jahr 1997 für dessen Freund, den Geiger Gidon Kremer geschrieben, mutet wie eine Reise durch verschiedene Klangwelten und Lichtstimmungen an. Dabei entfalten sich sowohl höchst ausdrucksstarke Gesänge der Solovioline als auch hellste Flageolett-Töne und beeindruckende akrobatische Läufe, die wie Irrlichter aufflackern.

Trotz des wehmütig- klagenden Grundtons bleibt die Musik von einem Hoffnungsschimmer durchdrungen – einem fernen Licht, dem sprichwörtlichen Licht am Ende des Tunnels. In die facettenreichen und emotionsgeladenen Klänge des Lichts taucht die lettische Violinistin Kristīne Balanas ein, die für ihre außergewöhnliche Bühnenpräsenz bekannt ist. Sie gastiert regelmäßig bei renommierten Orchestern wie dem London Philharmonic Orchestra, dem BBC Concert Orchestra, dem Royal Philharmonic Orchestra, dem WDR Sinfonieorchester sowie dem Helsinki Philharmonic Orchestra.

Beethovens «Fünfte» – Von der Finsternis zum Licht

Im zweiten Konzertteil lässt das TSOI eine der wohl populärsten Sinfonien überhaupt erklingen: Beethovens «Fünfte», die «Schicksalssinfonie». Das Werk, in dessen Anfangstakten bereits das Schicksal an die Pforte klopft, führt von der Dunkelheit hin zu einer «Durch-die-Nacht-zum-Licht»- Apotheose und fasziniert durch Beethovens revolutionäre Klangsprache sowie durch eine unvergleichliche Intensität.