Übers Aufbrechen und Ankommen

   Blogbeitrag

Die Odyssee ist eines der ältesten Werke der Weltliteratur, doch während bei Homer das Heimkehren im Mittelpunkt steht, verschiebt Schimmelpfennig den Blickwinkel auf das Nicht-Ankommen und Warten. Heimat? Was ist das eigentlich? Für Bettina Bruinier, Co-Direktorin Schauspiel, war es ein besonderes Debüt in Innsbruck: Die erste Arbeit mit ihrem neuen Ensemble, mit dem eben erst gecasteten Bürger:innenchor wie auch den beiden Musiker:innen Maria Craffonara und Kenneth Winkler.

Liebe Bettina. Es ist das erste Stück, das du hier inszenieren wirst, du beginnst deine Regiereise am TLT mit «Odyssee». Warum hast du dir dieses Stück ausgesucht?

Bettina Brunier Die Musikalität und Poesie der Sprache öffnet sofort Bilderwelten und Denkräume. Die Erzählung berührt grundlegende menschliche, auch angstbesetzte Themen: Flucht, Vertreibung aber auch das Thema der Heimat, der Zugehörigkeit, der Liebe.

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Warum war es dir wichtig, einen Bürger:innenchor auf der Bühne dabei zu haben?

Bettina Bruinier Uns war es wichtig, neben unseren Schauspieler:innen, die Tiroler und Tirolerinnen in ihrer Vielfalt an dem Projekt partizipieren zu lassen. Menschen, die «Reisen» hinter sich haben und in der Gemeinschaft angekommen sind. Wir haben Sänger:innen aus der Ukraine, aus umliegenden Tiroler Dörfern, wir haben eine Sängerin, die selber von sich sagt, dass ihre Muttersprache die Gehörlosensprache ist, also eine aufregende Gruppe. Dabei eint alle die Musik, sie können alle toll singen. Die Gruppe wird als eine Art musikalischer Erzählerchor fungieren, aber auch Odysseus’ Wegbegleiter:innen sowie die Bewohner:innen der Orte darstellen, die Odysseus passiert. 

Wie waren die Erfahrungen beim Casting?

Bettina Bruinier Wir waren wirklich angetan von den Stimmen, den Menschen und vor allem der Begeisterung, dem Mut und der Leidenschaft aller Teilnehmer:innen. Ich denke Maria Craffonara, unsere musikalische Leiterin, hat das ebenso empfunden …

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Liebe Maria, welche Stationen auf deiner musikalischen Reise waren für dich die prägendsten?

Maria Craffonara In meiner Jugend die Arbeit mit unserer begnadeten Chorleiterin, im Studium das Stimm-Erweckungs-Erlebnis durch meine letzte Gesangsprofessorin und im Berufsleben die Linz-Europa Tour mit Hubert von Goisern und die intensiven Jahre mit meinem Quartett Donauwellenreiter. 

Aktuell lebst du in Bruneck, wo du neben vielem anderen auch einen Chor leitest. Singen im Chor macht glücklich, heißt es – ist das für dich auch so?

Maria Craffonara Ich persönlich bin keine leidenschaftliche Chorsängerin, leite aber das VokalEnsemble mit umso mehr Leidenschaft. Besonders glücklich macht mich dabei unser interdisziplinärer Ansatz. Das Singen steht zwar im Vordergrund, aber immer im Kontext mit anderen spannenden Genres … eine herrliche Spielwiese.

Du hast als Musikerin bereits mit unterschiedlichsten Genres experimentiert – auch mit elektronischer Musik? Wo siehst du die Herausforderung in der Kombination mit dem Bürger:innenchor?

Maria Craffonara Die besteht für mich darin, das analoge mit dem digitalen zu einem harmonischen Ganzen zu verflechten, zu komponieren. Mit Kenneth haben wir ja da einen hervorragenden Partner. Ich freue mich riesig auf die Zusammenarbeit!

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Lieber Kenneth, ich vermute, das TLT war auf deiner musikalischen Reise eine prägende Station?

Kenneth Winkler Ich kenne die Gänge dieses Hauses seit ich ein Kind bin. Zuerst hat mich meine Oma und dann meine Mutter immer wieder in Vorstellungen mitgenommen. Beide haben über Jahrzehnte am Theater gearbeitet. Mit 15 machte ich dann mein erstes Tontechnik-Praktikum hier am TLT, nach der Schule bewarb ich mich um ein zweites und wurde daraufhin angestellt. Eine Zeit, in der ich viel am Haus lernte – und in den Raucherpausen tolle Kontakte knüpfte. Bei Körper. Seelen hatte ich zum ersten Mal Gelegenheit, Musik für die Bühne zu basteln. Und in den nächsten Jahren folgten weitere Kompositionsaufträge – von der Schauspielmusik bis zur Kammeroper.

Was ist für dich die Herausforderung am Komponieren für das Theater?

Kenneth Winkler Für ein Stück einen eigenen Sound zu kreieren, der sich durch den ganzen Abend zieht, ohne dabei jemals langweilig zu werden,
aber dennoch immer seiner Linie treu bleibt. Und das Genussvolle ist dann, im Probenverlauf diesen Verschmelzungsprozess
von Musik und Szene zu beobachten.

Was ist gerade dein Herzensprojekt?

Kenneth Winkler Meine Postkartenschallplatten, «Postmanslove»!

 

Fragen Uschi Oberleiter

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ODYSSEE

von Roland Schimmelpfennig

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