Seit 18. März 2024 probt das Regie-Team mit dem Ensemble und allen Produktionsbeteiligten für Le nozze di Figaro. Am Anfang der Probenphase stand die Konzeptionsprobe der Mozart-Oper, die auf Beaumarchais’ Schauspiel La folle journée ou le mariage de Figaro (Der tolle Tag oder die Hochzeit des Figaro) basiert. Die Stimmung war freudig gespannt. Doch was passiert eigentlich genau bei einer Konzeptionsprobe?
Der erste Tag ist immer aufregend; sei es in der Schule, bei einer neuen Arbeitsstelle oder eben am Beginn der Probenphase einer neuen Produktion. Das gesamte Team findet sich das erste Mal zusammen und setzt den Grundstein für die szenische Arbeit. Doch die Arbeit beginnt schon lange vorab. Mit der Wahl des Stoffes und der Einladung des Regieteams startet circa zwei Jahre vor dem eigentlichen Premierentermin der Prozess der Konzeptionsarbeit.
Für die Verantwortlichen für Regie, Bühne und Kostüm spielen dabei die grundlegenden Fragen zur Interpretation des Werkes eine Rolle: In welcher Zeit verortet man die Inszenierung? In der Entstehungszeit des Werkes? In der Zeit der Handlung? Im Heute? Wie sehen Bühne und Kostüme aus? Ist die Vision budgetgerecht odermüssen Anpassungen vorgenommen werden? Erfindet man Figuren hinzu oder streicht man Rollen? Streicht man bestimmte Passagen und/oder fügt man etwas zur Stützung der eigenen Idee hinzu? Braucht es Video oder Choreografie? Wie ist die Spielweise, die man mit dem Ensemble versuchen will: Realistisch, grotesk oder abstrakt? Aus der Beantwortung dieser und und weiterer Fragen formt sich über die Zeit ein Regiekonzept. Einige Monate vor Probenstart können so Bühnenbildentwürfe und Kostümideen in Absprache mit dem Haus finalisiert und dann in den Werkstätten hergestellt werden.
Der Höhepunkt am Ende dieses Prozesses ist dann die in der Regel sechs Wochen dauernde Probenphase, eingeläutet durch die Konzeptionsprobe, in der allen Beteiligten das Ergebnis der vorangegangenen intensiven Auseinandersetzung mit dem Werk vorgestellt wird. Das Regieteam hat dafür auch Anschauungsmaterial dabei: Ein Bühnenbildmodell, am Modell gestellte Szenenfotos, die Bühnenaufbauten und Atmosphären verdeutlichen sowie Kostümentwürfe, die sogenannten Figurinen.
Doch mindestens genauso wichtig wie die konkreten Ideen sind die «soft skills» an diesem Tag. Der Probenprozess ist als künstlerischer Vorgang eine sensible und intime Angelegenheit. Daher nutzt das Regieteam dieses erste Kennenlernen auch, um zwischenmenschlich eine gute Basis zu schaffen, einen Eindruck von den verschiedenen beteiligten
Charakteren zu bekommen und Vertrauen für die gemeinsame Arbeit zu schaffen. In den kommenden Wochen werden dann in intensiver Zusammenarbeit alle Ideen zu Leben erweckt sowie an die speziellen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Ensembles angepasst, bevor das Ergebnis dann in der Premiere das erste Mal dem Publikum präsentiert wird.
TEXT Diana Merkel
BILDER Andrea Widauer