Zu Besuch in der Tischlerei

   Blogbeitrag

Am Theater gibt es viele Berufe, manche auf, viele hinter der Bühne. Gerhard Müller, Technischer Produktionsleiter, führt uns mit der Fairy Queen durch die Tischlerei.

Auf eins kann man sich verlassen: Im Büro von Gerhard Müller läuft immer klassische Musik. Seit 23 Jahren ist der gelernte Tischler am Landestheater angestellt, die meiste Zeit davon als Technischer Produktionsleiter. Dass keine Produktion wie die andere ist, weiß er nur zu gut. Immerhin: Die Abläufe sind klar definiert. Von der Bühnenbildabgabe über Zeichnungen, Bauprobe und Technische Einrichtung bis hin zur Premiere sind die Etappen festgelegt. Aber den immer neuen, immer anderen Weg dazwischen muss einer planen und koordinieren, der den Überblick behält. Oder kurz gesagt: Ohne Produktionsleiter geht es nicht!

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Dabei ist vieles zu beachten: Budgets, technische Anforderungen der Bühne, Auf- und Abbauzeiten im Theaterbetrieb, Sicherheitsbestimmungen, Werkstattstunden, das Zusammenspiel der einzelnen Gewerke von Tischlerei, Schlosserei und Malsaal bis hin zur Bühnentechnik … Es gilt, Angebote bei Firmen einzuholen, Materialien in der richtigen Menge zu bestellen, technische Lösungen für szenische Vorgänge auszutüfteln. Ein komplexer Job!

Eine faltbare Fairy Queen

In der Fairy Queen ist vor allem die Tischlerei gefragt. Rund 330m² Holzplatten hat Gerhard Müller für die Produktion bestellt. In einzelnen Latten werden sie zurechtgeschnitten, aneinandergeschraubt und zu einer großen Fläche arrangiert, die sich strebenweise gegeneinander falten lässt wie verschränkte Finger.

«Eine Menge Holz.»

Michael Lörgetbohrer, Tischlerei

Zusätzliche Herausforderung: Wie schafft man es, dass die Holzstreben keine Falten auf dem darunter liegenden Tanzboden hinterlassen, wenn sie beim Auseinanderfalten über die Bühne schleifen? Aber auch dieses Problem ist mit ein paar für das Publikum unsichtbaren Rollen bald gelöst. Fest stehen die Latten trotzdem. Denn wackeln soll es ja bitte nicht!

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Michael Lörgetbohrer und Gerhard Müller, © Andrea Widauer

Wie wird man Theatertischler:in?

Der heikle Moment kommt bei der Technischen Einrichtung auf der Bühne. Hier wird die Konstruktion zum ersten Mal getestet. Wenn dann alles exakt so läuft wie geplant, werden Gerhard Müller und seine Kolleg:innen aus der Tischlerei wissen, wofür sie gearbeitet haben. Schon jetzt ist das meiste fertig ausgeschnitten und verschraubt. Gute drei Wochen hat die Arbeit gedauert. Damit der Faltmechanismus am Ende funktioniert, war dieses Mal – noch mehr als sonst – Maßarbeit gefragt.

«Ein bisschen Risiko
muss man schon
eingehen.»

Gerhard Müller, Technischer Produktionsleiter

Aber auch Kreativität braucht man in diesem Beruf. Schließlich sehen keine zwei Bühnenbilder gleich aus und auch die szenischen Anforderungen an die Konstruktionen sind immer wieder neue.

Eine Tischler- oder Zimmerlehre und ein generelles Interesse am Theater sind außerdem Voraussetzung. Anders als in der Privatwirtschaft darf man dafür schon mal 8-Meter-Wände zimmern, fantastische Formen ausschneiden und eine Welt aus Holz erschaffen. Dazu kommt die enge Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen aus anderen Bereichen. Denn wirklich fertig ist ein Bühnenbild erst, wenn es – angemalt oder unlackiert, mit schmiedeeisernen Aufsätzen, Schlössern oder pur – im richtigen Licht auf der Bühne steht. Da wird aus einer hölzernen Bretterwand plötzlich ein magischer Wald. Ob von vorne im Zuschauerraum oder schräg von der Seitenbühne: ein Hingucker ist das allemal!

TEXT Katharina Duda
BILD Andrea Widauer

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