Der Stoff rund um den britannischen König Arthur beschäftigt die Kulturgeschichte seit über tausend Jahren. Am Tiroler Landestheater wird der Bogen mittels der zeitgenössischen Neudichtung von Ewald Palmetshofer und einer Rekomposition von Kenneth Winkler von den Ursprüngen der Erzählung über die Barockoper von Henry Purcell bis ins Heute gesponnen.
Der historische Arthur
Gelebt haben soll der historische Arthur im Frühmittelalter, im 5. oder 6. Jahrhundert nach Christus. Auf diese Zeit sollen auch die Ursprünge des schottischen MacArthur-Clans zurückgehen. Dessen Mitglieder glauben bis heute, dass sie von dem mythischen König Artus abstammen. In der Abtei von Glastonbury soll der legendäre König bis heute ruhen. Als Anführer des Widerstandes um Freiheit und Unabhängigkeit zunächst gegen die römischen
Invasoren und später gegen die Angelsachsen ist er als Nationalheld in die Geschichte eingegangen; obgleich es weder für seine Krönung, noch seinen Tod, noch seine sagenumwobenen Handlungen materielle Beweise gibt. Als Produkt der Literatur und Fantasie sind er, seine Tafelrunde, die Burg Camelot und das Schwert Excalibur jedoch unsterblich geworden.
Der Held in der Literatur
Um 1135 wird die Sage durch den Mönch Geoffrey von Monmouth das erste Mal in einem keltisch-paganischen Kontext niedergeschrieben. Vier Jahrzehnte später entwirft der französische Dichter Chrétien de Troyes einen zum tragischen Helden in einer höfischen Welt stilisierten Arthur und bringt ihn mit dem christlichen Gralsmythos in Verbindung. Ende des 15. Jahrhunderts erstellt Sir Thomas Malory in Le Morte d’Arthur eine erste Sammlung aller bis dahin einzeln existierenden Fragmente über den Ritter zusammen, die seither von jeder Epoche in neuer Weise in Liedern, Sagen, Büchern, Filmen und Bühnenwerken weitergeführt wird.
Purcells Semi-Oper
So greift auch der britische Barockkomponist Henry Purcell in seiner 1691 in Zusammenarbeit mit dem Librettisten John Dryden in der Semi-Oper King Arthur, or the British Worthy den für seine Heimat so zentralen Stoff auf. Die Besonderheit dieser Form der Oper ist, dass das Hauptpersonal ausschließlich mit Sprechtexten auftritt, während die Gesangseinlagen von Nebenfiguren bedient werden und vor allem der dynamisch-atmosphärischen Ausgestaltung der Handlung dienen. Der Text von Dryden ist nur noch unvollständig erhalten, sodass sich bereits in den vergangenen Jahrhunderten die Aufführungspraxis etabliert hat, die Musik Purcells um neue textliche Dichtung ergänzt aufzuführen. Dies resoniert auf subversive Weise auch mit dem Prinzip des sich immer weiter entwickelnden, lebendigen Mythos um die Hauptfigur.
Ein Arthur unserer Zeit
2018 schafft Ewald Palmetshofer für das Theater Basel eine Neudichtung, die die Handlung vom Kampf der Briten gegen die Sachsen und die Fragen nach Besitz, Macht und Liebe mit viel Theaterzauber, Humor und differenzierter Ausdeutung für unsere Zeit weitererzählt. Der erfolgreiche österreichische Dramatiker wurde in der Kritikerumfrage von Theater heute zum Nachwuchsautor 2008 gewählt. Es folgten Nestroy-Nominierungen, der Mülheimer Dramatikerpreis und diverse weitere Anerkennungen. Seine Stücke werden am Wiener Burgtheater, im Schauspielhaus Wien, in der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz, im Theater an der Ruhr und am Theater Basel uraufgeführt.
Für das Tiroler Landestheater bringt das Regie-Team um Co-Schauspieldirektorin Bettina Bruinier das monumentale Stück mit großem Schauspielensemble, Opernsänger:innen, Tänzer:innen und eigener Band in der spektakulären Ausstattung von Volker Thiele (Bühne) und Chani Lehmann (Kostüme) ins Große Haus. Die Musik Purcells wird vom Tiroler Komponisten Kenneth Winkler in Zusammenarbeit mit dem Musikalischen Leiter Hansjörg Sofka neu komponiert und arrangiert und schafft so eine magische Brücke zwischen dem Barock und Heute.
TEXT Diana Merkel
BILDER Andrea Widauer
KÖNIG ARTHUR
Semi-Oper von Henry Purcell und
John Dryden in einer Neudichtung
von Ewald Palmetshofer, Rekomposition
von Kenneth Winkler