Gegen die «akute Bedrohung» der künstlerischen Freiheit

   Blogbeitrag

Wichtige Theater, Opernhäuser und Galerien aus 39 Ländern haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie das Europäische Parlament auffordern, die Autonomie von Kulturorganisationen zu schützen. Die Leiter:innen von fast 200 hochrangigen Kulturorganisationen, die Tausende von Künstler:innen aus Theatern, Galerien, Festivals und Opernhäusern vertreten, haben gemeinsam ihre Stimme gegen eine «akute Bedrohung» der künstlerischen Freiheit und kulturellen Autonomie erhoben. Auch das Tiroler Landestheater hat sich mit der Unterzeichnung seitens der Intendantin Irene Girkinger dem Anliegen angeschlossen.

Mit der Unterzeichnung des offenen Briefes RESISTANCE NOW: FREE CULTURE haben sie ihre Besorgnis über die «Angriffe, Verbote, Entlassungen und Kürzungen» bei Kultureinrichtungen in Ungarn und der Slowakei zum Ausdruck gebracht, die darauf abzielen, eine «vielfältige europäische Kultur» zu untergraben – und die Gefahr bergen, dass sie auf andere europäische Länder wie die Niederlande, Frankreich und Deutschland übergreifen. Anfang November hinderten ultranationalistische Gruppen gewaltsam das Publikum, eine Premiere des US-Schauspielers und Regisseurs John Malkovich im Nationaltheater Ivan Vazov in Bulgarien zu besuchen.

Angesichts dieser Bedrohung der kulturellen Vielfalt in Europa durch nationalistische Bewegungen haben Milo Rau & Artemis Vakianis (Intendant und Geschäftsführerin der Wiener Festwochen, Österreich), Matej Drlička (entlassener Direktor des Slowakischen Nationaltheaters, Slowakei) und Vasil Vasilev (Direktor des Nationaltheaters, Bulgarien) gemeinsam mit dem Netzwerk öffentlich finanzierter Theater European Theatre Convention (ETC), der Plattform Prospero – Extended Theatre und dem Netzwerk Opera Europa den offenen Brief RESISTANCE NOW: FREIE KULTUR an das Europäische Parlament verfasst.

Zu den international renommierten Erstunterzeichner:innen gehören neben Irene Girkinger vom Tiroler Landestheater Lukáš Trpišovský und Martin Kukučka (Künstlerische Leiter des Nationaltheaters Prag, Tschechische Republik), Krzysztof Warlikowski (Künstlerischer Leiter des Nowy Teatr in Polen), Tiago Rodrigues (Leiter des Festival d’Avignon in Frankreich), Iris Laufenberg (Künstlerische Leiterin des Deutschen Theater Berlin in Deutschland), Gianina Cărbunariu (Regisseurin und Dramaturgin in Rumänien), Mattias Anderson (Künstlerischer Leiter des Royal Dramaten in Schweden) und Peter de Caluwe (Generaldirektor und Künstlerischer Leiter von La Monnaie / De Munt in Belgien).

«Europa basiert auf der Offenheit des kulturellen Lebens der
einzelnen Länder und ihrer freien Zusammenarbeit. […]
Wenn diese verschwinden, verliert das europäische Projekt
seine Seele und seinen Sinn.»

Aus dem offenen Brief

Am Samstag, den 30. November um 18:30 Uhr wird der offene Brief im Maillon-Theater in Straßburg öffentlich in Anwesenheit der ehemaligen französischen Kulturministerin und der ehemaligen Europaabgeordneten Catherine Trautmann vorgestellt. Außerdem veröffentlichen ihn mehrere europäische Medien.

Es handelt sich um eine beispiellose Aktion, mit der sich führende Institutionen aus 39 Ländern, darunter alle EU-Mitgliedstaaten, gemeinsam an das EU Parlament wenden. Damit heben sie bisherige Bemühungen der Initiatoren der Petition, wie die RESISTANCE NOW! Tour der Wiener Festwochen | Freie Republik Wien von Milo Rau und Artemis Vakianis, die Veranstaltungen und Konferenzen European Theatre Talks der European Theatre Convention (ETC), des größten Netzwerks öffentlich finanzierter Theater in Europa, sowie Veranstaltungen von Opera Europa und Prospero – Extended Theatre auf ein neues Niveau. Ab dem 30. November kann die Öffentlichkeit die Petition unterzeichnen.

«Die Kultur in Europa befindet sich in einer Krise.
Diese Probleme sind auf dem ganzen Kontinent präsent, daher müssen wir
jetzt handeln, sonst wird auch das europäische Einigungs- und
Friedensprojekt selbst verschwinden.»

Milo Rau, Intendant der Wiener Festwochen

Heidi Wiley, Exekutivdirektorin des ETC, fügte hinzu: «Es ist beispiellos, so viele Organisationen aus ganz Europa und darüber hinaus mit einem klaren Ziel zu vereinen: zu fordern, dass die europäischen Institutionen die künstlerische Freiheit und die Autonomie kultureller Räume schützen, damit diese als offene und demokratische Umgebungen agieren können, die Einschüchterungen und politischer Einmischung widerstehen.»

Barbara Engelhardt, künstlerische Leiterin von Maillon, fügte hinzu: «Gedankenvielfalt und Meinungsfreiheit sind das Fundament des europäischen Projekts. Unsere Arbeit im Maillon hat dies immer widergespiegelt, und wir unterstützen voll und ganz die Ambitionen dieser Petition, größere künstlerische Freiheit in ganz Europa zu sichern.»

Zum offenen Brief

video - Titelbild
Die Liebe zu den drei Orangen © Emanuel Kaser

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