Tiroler Landestheater veröffentlicht Spielzeit 2020.21

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„Wer sich über die Wirklichkeit nicht hinauswagt, der wird nie die Wahrheit erobern.“ – Mit einem Zitat von Friedrich Schiller geht das Tiroler Landestheater in die Spielzeit 2020.21.

Die Umstände der Veröffentlichung des Spielplans könnten dramatischer nicht sein – fallen Sie doch in eine Phase, in der das öffentliche und damit auch das kulturelle Leben Österreichs und vieler anderer Nationen angesichts der Krise um die Ausbreitung des Coronavirus beinahe vollständig zum Erliegen kommt.

„Die Veröffentlichung des neuen Spielplans des Tiroler Landestheaters und des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck, gemeinsam mit einer Vorschau auf unsere zahlreichen Eigenveranstaltungen im Haus der Musik Innsbruck soll ein Lichtblick sein in diesen schwierigen Zeiten und die Vorfreude auf die Zeit danach steigern“, betont Intendant Johannes Reitmeier und ergänzt: „Wir alle sind uns der Bedeutung und der Tragweite der für dieses Land notwendiger Weise getroffenen Maßnahmen bewusst und wollen auch unserer persönlichen Verantwortung in dieser herausfordernden Situation gerecht werden. Wir verkennen den Ernst der Lage nicht und wir wissen, welche Prioritäten jetzt gesetzt werden müssen. Dennoch: Wir Kulturschaffende fühlen uns zuständig für Visionen und wollen – gerade mit einem Ausblick auf unser vielfältiges Angebot – unserem Publikum und uns allen Hoffnung machen auf das Licht am Ende des Tunnels.“

Musiktheater

Zu einer personellen Neuerung kommt es in der Sparte Musiktheater: Mit Beginn der Saison 2020.21 tritt Michael Nelle in die Fußstapfen der scheidenden Operndirektorin Angelika Wolff, die in dieser schwierigen Phase dem Intendanten aber weiterhin mit Ihrer Erfahrung zur Seite steht. Nelle ist bereits seit vier Jahren als persönlicher Referent des Intendanten am Tiroler Landestheater tätig. Diese Aufgabe wird er auch weiterhin wahrnehmen. Als neuer Operndirektor freut sich Nelle auf ein vielfältiges und ambitioniertes Programm: Eröffnet wird die Saison am 26. September mit der Premiere des Puccini-Opernkrimis Tosca. Am Dirigentenpult steht TLT-Chefdirigent Lukas Beikircher. Regie führt Thilo Reinhard, der dem Tiroler Publikum mit Rusalka und Simon Boccanegra in der Vergangenheit bereits zwei sehr besondere Opernabende geschenkt hat.

Darauf folgt im Großen Haus Modest Mussorgskis Oper Boris Godunow. Dieses beeindruckende Werk, in dem der Chor die Hauptrolle spielt, wird erstmals in Innsbruck zu hören sein. Astor Piazzollas Tango-Operita María de Buenos Aires wird ebenfalls zum ersten Mal am Tiroler Landestheater aufgeführt. Und wer könnte so eine Oper besser inszenieren und choreographieren als der Direktor der Tanzcompany Innsbruck, Enrique Gasa Valga.

Die Operette erfreut sich derzeit auf vielen Bühnen einer Renaissance, so auch in der kommenden Spielzeit am Tiroler Landestheater: Mit Franz Lehárs Der Zarewitsch zieht sie wieder einmal ins Große Haus ein – in der eigens für das TLT rekonstruierten Urfassung aus dem Jahr 1927. Für gute Unterhaltung wird auch Anette Leistenschneiders Inszenierung von L’italiana in Algeri sorgen. La damnation de Faust setzt die erfolgreiche Reihe der konzertanten Aufführungen mit hochkarätiger Besetzung fort.

Eine große Herausforderung für Ausstattung und Technik wird sicherlich die Neuproduktion von Mozarts Die Zauberflöte. Inszenieren wird der weit über Tirols Grenzen hinaus bekannte Schauspieler Gregor Bloéb, der sich erstmals als Opernregisseur in seiner Heimat präsentiert. Als Königin der Nacht kehrt Sophia Theodorides ans Tiroler Landestheater zurück. In den Kammerspielen nehmen TSOI-Chefdirigent Kerem Hasan und Intendant Johannes Reitmeier die Herausforderung an und wagen sich gemeinsam an Benjamin Brittens The Rape of Lucretia. Außerdem werden in den Kammerspielen Paul Burkhards Musikalische Komödie Das Feuerwerk sowie ein szenischer Liederabend mit Musik von Erich Wolfgang Korngold zu erleben sein.

Tiroler Symphonieorchester Innsbruck

Es ist die Vielfalt, die ein interessantes Konzertprogramm – und auch ein gutes Orchester – ausmacht: Bodenständigkeit und Internationalität, Jugend und Erfahrung, Tradition und Aufbruch. All das spiegelt sich nicht nur im Konzertprogramm für die Saison 2020.21, das musikalisch von Mozart bis Schostakowitsch reicht, wieder. Auch die Riege der Interpretinnen und Interpreten zeugt davon, angeführt vom erst 28 Jahre alten international sehr gefragten und erfolgreichen Chefdirigenten des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck, Kerem Hasan, der gleich im ersten Symphoniekonzert mit der Alpensymphonie zum Gipfelstürmer wird, und seinem erfahrenen Kollegen Lukas Beikircher, der sich im dritten Symphoniekonzert Bruckners 5. Symphonie widmen wird. Im Rahmen der Symphoniekonzerte dürfen sich Musikliebhaber auch auf ein Wiedersehen mit der Dirigentin Karen Kamensek und auf das Kennenlernen u. a. des amerikanischen Dirigenten Teddy Abrams, der sich dem Tiroler Publikum mit Gershwin und Bernstein vorstellen wird, freuen.

2020 feiert die Musikwelt den 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven und auch das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck widmet dem legendären Komponisten nicht nur im Rahmen des zweiten Symphoniekonzertes einen Schwerpunkt: TSOI-Konzertmeisterin Annedore Oberborbeck wird im November und Dezember an drei Abenden seine zehn Violinsonaten, allesamt Meilensteine der Geigenliteratur, zusammen mit dem Pianisten Michael Schöch im Großen Saal im Haus der Musik Innsbruck aufführen.

Schauspiel

Schauspieldirektor Thomas Krauß geht in seinem Programm 2020.21 den Fragen nach, was unser Leben reich macht, was uns beflügelt und was uns daran hindert, unsere Ziele zu erreichen und unsere Wünsche zu erfüllen. Die Stücke auf dem Spielplan nähern sich diesen Fragen aus unterschiedlichen, oft eigenwilligen Blickwinkeln. In der im [K2] geplanten Uraufführung von Alter Ego von Petra Maria Kraxner schießt sprachmächtig die Psychose der Protagonistin in ihren Arbeitsalltag als Werbetexterin. Nach Die Gesetzliche Verordnung zur Veredelung des Diesseits in der Spielzeit 2012.13 der zweite Text der Tiroler Oberländerin am Tiroler Landestheater.

Eine weitere Tiroler Uraufführung im [K2] bringt Otto Grünmandl in den Infight mit Peter Handke um den Titel des bedeutendsten Dramatikers Österreichs, so ein Ö1-Feature über Otto Grünmandl. Unter dem Titel Grufttheater : Weissagung wird der erste Akt von Grünmandls Die Witwe von Ephesos mit dem Erstlingswerk des Nobelpreisträgers kombiniert.

Die österreichische Gegenwartsdramatik bestimmt auch weitgehend den Spielplan in den Kammerspielen: Jedermann (stirbt) ist Ferdinand Schmalz‘ Jedermann-Überschreibung ins Heute und Die Niere von Stefan Vögel ist eine Komödie die zeigt, was im (Zusammen-)Leben wichtig ist. Nach dem Publikumserfolg der Romanadaptierungen Totenfrau von Bernhard Aichner und Die Deutschlehrerin von Judith W. Taschler wird die Reihe österreichischer Dramatisierungen fortgeführt mit der Uraufführung von Franz Kafkas Die Verwandlung und Daniel Wissers Die Königin der Berge in der Regie von Schauspieldirektor Thomas Krauß, der auch für die Erarbeitung der Bühnenfassung verantwortlich ist. Wisser, der für sein Werk 2018 mit dem Österreichischen Buchpreis ausgezeichnet wurde, erzählt darin die Geschichte eines Mannes im Rollstuhl, der sich nach assistiertem Suizid sehnt. Dazu gesellt sich ein Amerikaner: Ayad Akhtar, dessen Geächtet in der Spielzeit 2017.18 äußerst erfolgreich in den Kammerspielen lief, nimmt sich in The Who and the What wieder eines brisanten Stoffes an: Eine muslimische Frau schreibt einen Roman über die Sexualität des Propheten. Außerdem erwartet das schauspielinteressierte Publikum im Großen Haus ein Klassiker des Sturm und Drang, Schillers Kabale und Liebe, Edward Albees kultiges Psychodrama Wer hat Angst vor Virginia Woolf? und ein musikalischer Roadtrip der besonderen Art: Blues Brothers. Im Auftrag des Herrn.

Tanzcompany Innsbruck

In die neue Saison startet Enrique Gasa Valga mit einer Wiederaufnahme seines Tanzstücks Terra Baixa in den Kammerspielen. Im Großen Haus folgt mit Romy Schneider seine Hommage an die zur Kultfigur avancierte Sissi-Darstellerin und Grande Dame des französischen Films. Dem spanischen Lyriker und Dramatiker Federico García Lorca widmet Gasa Valga ein choreografisches Porträt in den Kammerspielen. Worauf sich der Direktor der Tanzcompany Innsbruck besonders freut: Bei Dancing Angels wird, neben zwei Choreografien von Nacho Duato und Jiří Kylián, auch eine seiner eigenen Choreografien zu sehen sein. Und zum Abschluss der Saison feiert Filip Veverka, Assistent der Ballettdirektion, mit Cyrano de Bergerac seine Premiere als Choreograf in Innsbruck.

Haus der Musik Innsbruck

Im Rahmen der Veröffentlichung des Programms des Tiroler Landestheaters und des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck werden auch die Eigenveranstaltungen der neuen Konzertsaison im Haus der Musik Innsbruck publik gemacht. Zu erleben gibt es zahlreiche internationale und lokale Künstlerinnen und Künstler in den Reihen Academie Konzerte, Screen & Score, Klavier & Co und Wort und Musik. Konzertliebhaber dürfen sich außerdem auf eine Fortsetzung der beliebten Reihe Jazz & Apéro mit Talenten der Jazzabteilung des Landeskonservatoriums sowie der hochkarätigen Gesprächskonzerte in der Reihe ConTakt freuen.

Bilanz 2018.19

„Die Tiroler Landestheater und Orchester GmbH Innsbruck blickt mit einer Auslastung von rund 86 Prozent im Großen Haus, 98 Prozent in den Kammerspielen im neuen Haus der Musik Innsbruck und rund 91 Prozent im [K2] auf eine erfolgreiche Saison 2018.19 zurück“, so die positive Bilanz des Geschäftsführenden Kaufmännischen Direktors, Markus Lutz. Auch die Konzerte des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck waren in der Spielzeit 2018.19 zu 87 Prozent ausgelastet. Die Gesamtauslastung über alle Spielstätten stieg im Vergleich zum Vorjahr von 87 Prozent auf 90 Prozent und rund 4,7 Millionen Euro an Ticketeinnahmen, was den höchsten Stand der letzten Jahre darstellt. Insgesamt wurden in 684 Vorstellungen 185.424 Zuschauerinnen und Zuschauer erreicht. Die erste Saison des Haus der Musik Innsbruck liegt über den prognostizierten Erwartungen. Die Buchungsauslastung der beiden neuen Säle beträgt insgesamt 87 Prozent. An 254 Tagen in der Saison waren die Säle mit 255 Proben sowie 231 Vermietungen und Eigenveranstaltungen belegt.

Für die aktuelle Saison 2019.20 wurde bis dato trotz Rückgängen bei den ehemals geförderten Landes-Abonnements ein ähnlicher Verlauf hinsichtlich der Auslastungs- und Besucherzahlen erwartet, der durch die Besucherstatistiken der ersten Monate bestätigt wird. „Die aktuellen Ereignisse rund um die behördlichen Maßnahmen zum Coronavirus erlauben uns derzeit leider keine Gewissheit über die Entwicklung in den nächsten Wochen und Monaten. Wir hoffen natürlich, dass sich die Situation ehestmöglich wieder normalisiert und wir den Spiel- und Probenbetrieb wiederaufnehmen können. Durch die Absagen von Premieren und vielen nahezu ausverkauften Vorstellungen und Konzerten kommt es derzeit aber bereits zu massiven Einbußen bei den Zuschauerzahlen und in der Folge bei den Einnahmen“, so der Kaufmännische Direktor zu den aktuellen Herausforderungen.